Diese Geschichte hat sich tatsächlich so ereignet. Sie ist weder dramaturgisch aufgemotzt, noch wurden ihr Effekte beigefügt, welche die Lesenden unterhalten sollen.
Wir schreiben das Jahr 2015. Meine Allerliebste und ich sind frisch in die Innenstadt von Basel gezogen. Die ersten Nächte verliefen so, wie wir uns das vorstellten. Ruhig. Angenehm. Entspannt. Dann kam das erste Wochenende am neuen Wohnort! Seither wissen wir, dass nicht nur New York nie schläft, sondern auch Basel Nachts oft aufschreckt. Vor allem die, die dort wohnen.
In dieser Nacht zogen schon einige Gruppen an unserem Schlafzimmerfenster vorbei, die entweder unter Schwerhörigkeit litten, oder der Meinung waren, ihre Gesprächspartner hätten dieses Problem. Nach ein paar Jahren in der Innenstadt wissen wir nun aber, dass dies die Standart-Kommunikationsform einer Party-Gruppe ist, die zwischen 01.00 Uhr und 05.00 Uhr durch die Stadt zieht.
Irgendwann – es muss so gegen 03.00 Uhr gewesen sein- hörten wir eine Frau um Hilfe schreien. Pflichbewusst und voller Tatendrang eilte ich ans Fenster und blickte hinunter, dort wo die Schreie herkamen. Ich sah zwei Männer und eine Frau in einem Handgemänge. Um keine Zeit zu verlieren schlüpfte ich in den Schlüpfer und gab meiner Allerliebten die Anweisung sofort die Polizei zu allarmieren. „Da unten geschieht was böses, das werde ich verhindern.“ Ich griff beim Hinausgehen nach einem Schirm, nicht damit ich mehr als die Unterhose trug, sondern als „Waffe“. Sollte einer der beiden Männer die Konfrontation suchen, ich wäre bereit gewesen! Schnell stand ich vor der Türe und schrie: „Lasst sie los!“. Augenblicklich blickten mich sechs erstaunte Augen an. Dabei bemerkte ich, dass die Frau kicherte und die beiden Männer alles andere als Agressiv waren. Ihr Hilfe-Schrei war lediglich ein dummer Scherz, den ich alles andere als scherzhaft empfand. Das Trio sah mich an, lachte herzhaft und machte sich aus dem Staub.
Kaum waren die Nachruhestörer verschwunden und ich wieder auf dem Weg zur Haustüre, rollte die Polizei mit drei Patrullien und Blaulich an. Etwa sechs Personen umzingelten mich, die Hand bereits am Pistolenhalfter verharrend und einer schrie mich an – lauter als ich vorhin das Trio – „Waffe weg!“. Ich lies den Schirm fallen und hob die Hände. Es dauerte zehn Minuten, bis ich plausibel erklären konnte, dass ich derjenige sei, der zur Hilfe eilen wollte. Dank meiner Allerliebsten, die unterdessen aus dem Fenster blickte und meine Geschichte bestätigte, entspannte sich die Lage schnell. Die Polizisten stiegen wieder in ihre Fahrzeuge und fuhren weiter. Das letzte Auto blieb auf meiner Höhe stehen und das Fenster öffnete sich. Der Beamte sagte in einem väterlichen Ton zu mir: „Gut, dass sie helfen wollten, aber ziehen sie sich das nächste mal was an. So in Unterhosen bekommt man ja Angst vor ihnen…!“
Seither schlafen wir mit geschlossenen Fenstern. So bekommen wir nicht mit, was für Dramen – oder eben Nichtdramen – sich da draussen in der Nacht abspielen und keiner muss sich seither vor mir in Unterhosen fürchten.
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